Kapitel 1: Die Physik des Geldsparens (Der Carnot-Prozess)
Eine Wärmepumpe ist kein Heizkessel, der Energie durch Verbrennung erzeugt. Sie ist eine Transportmaschine. Sie pumpt Wärmeenergie von einem kalten Ort (Draußen, Anergie) an einen warmen Ort (Drinnen, Exergie). Dafür nutzt sie elektrischen Strom, um einen Kompressor zu betreiben.
Das Verhältnis von eingesetztem Strom zu gewonnener Wärme nennt man COP (Coefficient of Performance). Ein COP von 4 bedeutet: Aus 1 kWh Strom mache ich 4 kWh Wärme. Die restlichen 3 kWh sind geschenkte Umweltenergie aus der Luft oder Erde.
Das eherne Gesetz der Hubhöhe (Temperaturhub)
Stell dir vor, du musst Wasser aus einem Brunnen hochpumpen. Je tiefer der Brunnen und je höher der Turm, desto anstrengender ist es.
In der Thermodynamik ist die "Tiefe des Brunnens" die Außentemperatur (Quelltemperatur). Die "Höhe des Turms" ist die Vorlauftemperatur (die Temperatur des Wassers in deinen Heizkörpern).
Szenario A (Neubau/Fußbodenheizung): Das Wasser muss nur "2 Meter hoch" (von 0°C Außen auf 30°C Heizwasser). Der Temperaturhub beträgt 30 Kelvin. Das ist leicht. Die Pumpe braucht wenig Strom. Hohe Effizienz (JAZ 4,5+).
Szenario B (Altbau/Kleine Heizkörper): Das Wasser muss "10 Meter hoch" (von 0°C Außen auf 60°C Heizwasser). Der Temperaturhub beträgt 60 Kelvin. Das ist Schwerstarbeit für den Kompressor. Der Stromverbrauch verdoppelt sich fast. Niedrige Effizienz (JAZ < 3,0).
Daraus folgt die wichtigste Regel für jeden Hausbesitzer: Senke die Vorlauftemperatur! Jedes Grad weniger im Heizwasser spart ca. 2,5% Stromkosten. Das ist der effektivste Hebel, den du hast – noch vor der Dämmung der Fassade.
Kapitel 2: Die Gas-Strom-Schere (Der Break-Even)
Ob die Wärmepumpe günstiger ist als Gas, ist keine Glaubensfrage, sondern reine Mathematik. Es hängt von drei Faktoren ab: Strompreis, Gaspreis und deiner Arbeitszahl (JAZ).
Die Goldene Break-Even-Formel:
JAZ > Strompreis / Gaspreis
Beispielrechnung für 2025:
Wärmepumpenstrom kostet ca. 28 Cent/kWh (viele Versorger bieten spezielle Tarife mit separatem Zähler).
Gas kostet inkl. CO2-Preis ca. 11 Cent/kWh.
Der Faktor ist also: 28 / 11 = 2,54.
Das bedeutet: Deine Wärmepumpe muss eine Jahresarbeitszahl (JAZ) von mindestens 2,54 erreichen, damit die Betriebskosten identisch sind. Alles darüber spart bares Geld. Da moderne Wärmepumpen selbst im Altbau oft reale JAZ-Werte von 3,5 bis 4,0 erreichen, sind die Betriebskosten fast immer deutlich niedriger als bei Gas.
Der PV-Turbo: Eigenstrom nutzen
Hast du eine Photovoltaikanlage? Dann ändert sich die Rechnung dramatisch. Dein "Misch-Strompreis" sinkt.
Beispiel: Du deckst 30% des WP-Stroms über PV (Gestehungskosten 8 Cent/kWh) und 70% aus dem Netz (28 Cent).
Mischpreis = (0,3 * 8) + (0,7 * 28) = 22 Cent/kWh.
Neuer Break-Even-Faktor: 22 / 11 = 2,0.
Mit PV-Anlage wird die Wärmepumpe zur Gelddruckmaschine. Selbst eine schlecht laufende Pumpe (JAZ 2,5) spart hier massiv gegenüber Gas.
Kapitel 3: Das unbekannte Wesen "Hydraulik" (Volumenstrom)
Hier scheitern 80% der "Problem-Anlagen". Eine Wärmepumpe tickt anders als ein Gasbrenner. Ein Gasbrenner liefert extrem heißes Wasser (70°C) mit wenig Fluss (geringer Volumenstrom). Eine Wärmepumpe liefert lauwarmes Wasser (35-50°C), muss davon aber viel mehr durch die Rohre pumpen, um die gleiche Energiemenge in den Raum zu bringen.
Die Formel lautet: Leistung = Volumenstrom × Temperaturspreizung × Konstante.
Da die Spreizung (Unterschied Vorlauf/Rücklauf) bei der WP klein ist (oft nur 5 Kelvin, statt 20 Kelvin bei Gas), muss der Volumenstrom vervierfacht werden!
Der Praxistest für dein Haus:
Bevor du eine Wärmepumpe bestellst: Drehe alle Thermostate an deinen Heizkörpern voll auf (Stufe 5). Stelle deine Gasheizung auf eine Heizkurve, die maximal 50°C Vorlauf bei Frost erzeugt.
1. Wird es warm genug? Wenn ja: Super, Vorlauftemperatur passt.
2. Rauscht es in den Rohren? Wenn ja: Deine Rohre sind zu dünn für den benötigten Volumenstrom. Du brauchst evtl. eine hydraulische Weiche oder einen Trenpufferspeicher (Achtung: Effizienzverlust!).
Dünne "Spaghetti-Röhrchen" (oft in Häusern der 70er/80er Jahre) können das nötige Wasser nicht transportieren. Die Wärmepumpe wird ihre Wärme nicht los, taktet wild (geht ständig an und aus) und stirbt einen frühen Tod. Ein hydraulischer Abgleich ist daher absolute Pflicht!
Kapitel 4: Mythen im Faktencheck
"Ohne Fußbodenheizung geht es nicht."
Falsch. Die Wärmeübertragung hängt von der Fläche ab. Ein Heizkörper Typ 11 (eine Platte) ist schlecht. Ein Typ 33 (drei Platten, drei Konvektionsbleche) hat bei gleicher Größe die dreifache Leistung. Durch den Tausch alter Heizkörper gegen "Wärmepumpen-Heizkörper" (ggf. mit kleinen Lüftern) kannst du die Vorlauftemperatur drastisch senken. Das kostet wenige tausend Euro und macht das Haus "WP-ready".
"Das Haus muss erst komplett gedämmt werden."
Jein. Dämmung hilft immer (senkt den Verbrauch). Aber oft reicht schon der Tausch alter Fenster (Glastausch-Rechner) oder die Dämmung der obersten Geschossdecke, um die Heizlast so weit zu senken, dass eine WP effizient läuft. Eine Komplettsanierung der Fassade (50.000€+) ist oft wirtschaftlich nicht darstellbar und für den Betrieb der WP nicht zwingend, solange die Heizflächen groß genug sind.
"Im Winter heizt man nur mit Heizstab."
Veraltet. Moderne Kältemittel wie Propan (R290) schaffen auch bei -15°C noch Vorlauftemperaturen von 70°C ohne Heizstab. Der Heizstab ist nur eine Notfallsicherung. In einer korrekt ausgelegten Anlage springt er statistisch nur an wenigen Stunden im Jahr an (bei < -10°C) und macht weniger als 2% des Jahresstromverbrauchs aus. Das ist vernachlässigbar.
"Wasserstoff kommt bald für meine Gasheizung."
Ökonomischer Selbstmord. Grüner Wasserstoff ist knapp und teuer. Er wird für Stahlwerke und Chemieindustrie gebraucht. Selbst wenn er im Gasnetz ankäme, läge der Preis pro kWh bei 20-30 Cent. Die Wärmepumpe macht aus 1 kWh Strom (30ct) 4 kWh Wärme (7,5ct/kWh Wärme). Wasserstoff verbrennt 1:1 (30ct/kWh Wärme). Wasserstoff kann diesen Effizienzkampf physikalisch nicht gewinnen.
Tools für deine weitere Planung
Das Gas-Risiko
Warum deine Gasheizung bald unbezahlbar wird. Berechne die CO2-Steuer bis 2030 (ETS 2).
Erneuern oder Warten?
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Der WP-Turbo
Smart-Grid-Ready: Betreibe deine Wärmepumpe mit billigem Windstrom für 15-20 Cent (Tibber & Co).