Anleitung: So steuerst du deine Vermögensmaschine
Dieser Rechner sieht einfach aus, aber er simuliert komplexe finanzielle Lebensverläufe. Damit du die Ergebnisse richtig interpretierst, gehen wir die Eingabefelder im Detail durch. Es geht nicht nur darum, Zahlen einzutippen, sondern die Hebelwirkung jeder einzelnen Variable zu verstehen.
1. Das Startkapital (Der Samen)
Dies ist dein aktueller Kontostand oder Depotwert. Viele unterschätzen diesen Faktor.
Mathematischer Fakt: Je höher das Startkapital, desto weniger Arbeit muss deine monatliche Sparrate leisten. 10.000€ Startkapital sind bei 7% Zinsen nach 30 Jahren (ohne weiteres Zutun) bereits über 76.000€ wert.
Tipp: Hast du "totes Kapital" auf dem Girokonto liegen? Gib es hier ein, um zu sehen, was es "arbeiten" könnte.
2. Die Sparrate (Der Motor)
Während das Startkapital die Vergangenheit repräsentiert, ist die Sparrate deine Disziplin im "Hier und Jetzt".
- Konsistenz schlägt Intensität: Es ist mathematisch besser, 30 Jahre lang konsequent 200€ zu sparen, als einmalig 5.000€ zu investieren und dann aufzuhören.
- Dynamisierung: In der Realität steigt dein Gehalt. Profis erhöhen ihre Sparrate jährlich um 2-3% (Inflationsausgleich). Wenn du das simulieren willst, nutze eine konservative Durchschnittsrate.
3. Der Zinssatz (Der Turbolader)
Hier entscheidet sich Realismus vs. Träumerei.
2% bis 4%. Das erhält höchstens die Kaufkraft, baut aber kaum Vermögen auf.
7% bis 8% (Nominal). Das ist der historische Durchschnitt des MSCI World über die letzten 40 Jahre. Aber Achtung: Es gibt keine Garantie!
4. Die Laufzeit (Der wichtigste Faktor)
Zeit ist im Zinseszins-Modell der Exponent ($n$). Eine kleine Änderung hier hat gigantische Auswirkungen.
Wer 5 Jahre länger investiert, verdoppelt oft sein Endkapital am Ende der Laufzeit fast noch einmal. Das ist der Grund, warum du jetzt anfangen musst, auch wenn es nur mit 25€ ist. Du kannst Geld zurückverdienen, aber keine Zeit.
Die Mathematik: Warum die Kurve explodiert
Wir schauen unter die Haube. Warum verläuft die Kurve erst flach und schießt dann steil nach oben? Das Geheimnis liegt in der Rückkopplung.
Die vollständige Formel
Die Formel besteht aus zwei Teilen:
1. $K_0 cdot (1 + i)^n$: Das Wachstum deines Startkapitals.
2. $R cdot dots$: Das Wachstum deiner monatlichen Einzahlungen (Rentenbarwertfaktor).
Linear vs. Exponentiell: Ein Gedankenexperiment
Stell dir vor, du bekommst jeden Tag Geld geschenkt.
- Option A (Linear): Du bekommst jeden Tag 1.000€. Nach 30 Tagen hast du 30.000€.
- Option B (Exponentiell): Du bekommst am ersten Tag 1 Cent. Am zweiten Tag verdoppelt sich der Betrag (2 Cent), dann 4 Cent, dann 8 Cent.
Das Ergebnis:
Bei Option B hast du am 10. Tag erst 5,12€. Lächerlich wenig.
Am 20. Tag sind es ca. 5.200€.
Aber am 30. Tag? Über 5,3 Millionen Euro.
Das ist die Macht des Zinseszinses. Die wirkliche "Explosion" passiert immer erst im letzten Drittel der Zeit. Deshalb geben so viele Anfänger zu früh auf – sie sehen die Kurve noch nicht steigen.
Realitäts-Check: Was Finanz-Gurus verschweigen
Rechner im Internet zeigen oft Millionenbeträge an. Als Experten müssen wir aber Wasser in den Wein gießen. Es gibt zwei große Feinde deines Vermögens, die in den meisten Rechnern fehlen.
Feind Nr. 1: Die Inflation
100.000€ sind in 30 Jahren keine 100.000€ mehr wert.
Bei einer durchschnittlichen Inflation von 2,5% halbiert sich die Kaufkraft ca. alle 28 Jahre.
Lösung: Rechne immer mit der "Realrendite". Wenn dein ETF 7% macht und die Inflation 2,5% beträgt, rechne im Tool konservativ mit 4,5%. Das Ergebnis zeigt dir dann den Wert in "heutiger Kaufkraft".
Feind Nr. 2: Die Steuer
Der Staat ist dein stiller Teilhaber. In Deutschland gilt auf Kapitalerträge die Abgeltungssteuer.
Rechnung: 25% Steuer + 5,5% Soli = 26,375%. (Ggf. plus Kirchensteuer).
Zum Glück gibt es den Sparerpauschbetrag (1.000€ pro Jahr steuerfrei) und bei Aktien-ETFs die Teilfreistellung (30% steuerfrei). Trotzdem: Plane am Ende ca. 18,5% Abzug auf deine Gewinne ein!
Das "Sequence of Returns" Risiko
Der Rechner geht von einer konstanten Rendite aus (z.B. jedes Jahr 7%). Die Börse funktioniert so nicht. Es gibt Jahre mit +20% und Jahre mit -15%.
Die Gefahr: Wenn kurz vor deinem Sparziel ein Crash kommt, trifft der prozentuale Verlust eine sehr hohe kapitalsumme (dein Endkapital).
Die Strategie: Je näher du dem Ziel kommst, desto mehr Geld solltest du aus volatilen Anlagen (Aktien) in sichere Häfen (Tagesgeld, Anleihen) umschichten. Das bremst den Zinseszins, sichert aber das Ergebnis.
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Sparrate erhöhen
Um den Zinseszins zu füttern, brauchst du Cashflow. Rechne aus, was eine Gehaltserhöhung netto wirklich auf deinem Konto (und im Depot) ausmacht.
Gib deine Daten oben ein und lass dich motivieren. Der beste Zeitpunkt zu starten war vor 20 Jahren. Der zweitbeste ist heute.